ACTA und der Datenschutz

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itari

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weil man ja im Moment darüber hört und liest, einen aktuellen Beitrag unseres Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit:

Ich bekenne, dass ich die Brisanz von ACTA (offizieller Titel: „Handelsübereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie“) recht spät erkannt habe. Jedenfalls schien es mir – und ich denke, damit bin ich nicht allein -, dass nach durch das Europäische Parlament durchgesetzten Entschärfungen (insb. dem Verzicht auf obligatorisches „Three Strikes“-Modell nach französischem Vorbild) aus der Diskussion die Luft raus war. Verschiedene europäische Regierungen – auch die Bundesregierung – legen Wert auf die Feststellung, dass ACTA keine Änderungen der nationalen Rechtsordnungen bewirke. Dies ist – jedenfalls bezogen auf Deutschland – nicht falsch, aber es ist auch nicht ganz richtig.

Zwar wird in dem Abkommenstext an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, Vorschriften zur Wahrung der Privatsphäre blieben unberührt. Andererseits macht schon Art. 2 klar, dass es allen Unterzeichnern unbenommen ist, Maßnahmen zu treffen, die über das Abkommen selbst hinausgehen. Dem gegenüber stehen eine Vielzahl eher vager Vorgaben, die den Vertragsstaaten zwar ein bestimmtes Verhalten nahe legen, diese aber nicht dazu verpflichten. Insofern ähnelt das Abkommen weitgehend eher einer politischen Willenserklärung als einer völkerrechtlich verbindlichen Norm.

Auch wenn also durch ACTA die Vertragsstaaten nicht verpflichtet werden, zur Durchsetzung des geistigen Eigentums die Internetnutzung zu kontrollieren und dabei sogar die übertragenen Inhalte zu überwachen (Deep Packet Inspection) oder Kommunikationsdaten auf Vorrat zu speichern, legt das Abkommen entsprechende Maßnahmen nahe, denn die Staaten verpflichten sich zu wirksamen Maßnahmen gegen alle, die an Urheberrechtsverletzungen in irgendeiner Weise – also auch unwissentlich – beteiligt waren. So sollen gemäß Art 11 ACTA die mutmaßlichen Verletzer von Urheberrechten verpflichtet werden, Gerichten oder Rechteinhabern alle einschlägigen Informationen vorzulegen. „Informationen dieser Art können Auskünfte über Personen einschließen, die in irgendeiner Weise an der Verletzung oder mutmaßlichen Verletzung beteiligt waren“. Dem entsprechend müssten Anbieter von Internetdiensten geschützte Nutzungsdaten, Telekommunikationsunternehmen sogar Verkehrsdaten der Telekommunikation offen legen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen.

Kritisch zu beurteilen ist auch, dass nach dem Abkommen ein weitgehend reibungsloser Austausch – auch personenbezogener – Daten zwischen den Vertragsparteien vorgesehen ist, unabhängig von rechtstaatlichen Garantien im Empfängerland (Art 33 ff.). Zu fragen ist, ob dies in Übereinstimmung mit den Vorgaben des europäischen Datenschutzrechts steht, die einen angemessenen Datenschutzstandard beim Empfänger vorschreiben.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Der deutsche Gesetzgeber wird zwar durch ACTA nicht zu Rechtsänderungen verpflichtet, aber das Abkommen wird erhebliche Auswirkungen auf die Rechtspraxis haben. Dabei ist besonders gravierend, dass viele Internetdienste eben nicht mehr national erbracht werden und dementsprechend nicht mehr durch nationales Recht abschließend normiert werden können. Dass die durch ACTA gef(ö)orderten Maßnahmen gravierende Auswirkungen auf den Datenschutz und das Fernmeldegeheimnis haben werden, halte ich für mehr als wahrscheinlich.

Die Bundesregierung und die Regierungen anderer EU-Staaten, die sich dazu durchgerungen haben, ACTA zunächst nicht unterschreiben bzw. zu ratifizieren, sollten die so gewonnene Zeit zu einer gründlichen Analyse und zur öffentlichen Diskussion nutzen. Der Schlüssel liegt letztlich beim Europäischen Parlament, ohne dessen Zustimmung ACTA vermutlich eine leere Hülse bleiben wird. Die Brüsseler Entscheidung ist auch vor dem Hintergrund des kürzlich von der EU-Kommission vorgelegten Datenschutzpakets bedeutsam, das die Geltung europäischer Standards auch in solchen Fällen vorsieht, dass aus Drittstaaten angebotene Internetdienste sich an europäische Nutzer wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Schaar

https://www.bfdi.bund.de/bfdi_forum/showthread.php?3062-ACTA-und-der-Datenschutz
 
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